Someya-Sensei in Reutlingen
Bekannter Meister – Alte Wege – Neue Lehrer

Ende Mai war es wieder so weit: eine Gruppe von mehr als 25 Mitgliedern des Bujinkan München hat sich auf den Weg gemacht, um an einem mehrtägigen Bujinkan-Seminar teilzunehmen. Diesmal ging es nach Reutlingen, wo Daishihan Someya Ken’ichi vom 30. Mai bis zum 1. Juni verschiedene Techniken, sowohl unbewaffnet als auch mit dem japanischen Schwert, gelehrt hat.
Da das Seminar bereits am Freitag Morgen anfing, waren viele schon am Donnerstag angereist. So hat sich schon am Donnerstag eine größere Gruppe aus München (mit befreundeten Mitglieder eines Hamburger Dōjōs) zu einem gemeinsamen Abendessen getroffen, thematisch passend beim örtlichen Japaner. Dabei ist die Gruppe unerwartet immer größer geworden, so dass im Restaurant spontan ein weiterer Tisch „hinzu reserviert“ werden musste. Es lässt sich streiten, ob damit das Seminar für die Restaurant-Gruppe bereits begonnen hat; da gemeinsame soziale Aktivitäten aber auch zu einem solchen Seminarwochenende gehören, kann man es durchaus als inoffiziellen Startschuss bezeichnen.

Am Freitag, um 10:00 Uhr morgens, versammelten sich etwa 200 Teilnehmer, um mit dem Training und damit dem eigentlichen Seminar beginnen zu können. Nach ein paar kurzen Worten von Stefan Filus und Holger Kunzmann, den Ausrichtern des Seminars, übernahm auch schon Someya-Sensei die Leitung. Nach ein paar begrüßende Worte ging es dann auch schon los mit dem Training. Zunächst stand Shinden Fudō Ryū Jūtaijutsu (神伝不動流柔体術) auf dem Trainingsplan, ein Zweig der Shinden Fudō Ryū, der eher selten unterrichtet wird. Hier zeigte sich bereits der unverwechselbare Unterrichtsstil Someya-Senseis, der viel Zeit lässt, die Techniken auszuprobieren und zu üben, aber auch viel Wert auf saubere Grundlagen legt.
Nach der Mittagspause befasste sich dann die zweite größere Trainingseinheit mit dem Schwert. Auch hier wurde zunächst ein großer Fokus auf Grundlagen gelegt, um das notwendige Fundament für die noch folgenden Trainingseinheiten zu setzen.

Samstag Morgen ging das Seminar dann auch wieder um 10:00 Uhr weiter. Es ging weiter mit dem Schwert, nun aber als Ninpō Biken (忍法秘剣) – das „versteckte Schwert“ im Ninpō. Dabei wird nicht nur das Katana (刀) bzw. Bokutō (木刀) aus Holz im Training verwendet, sondern auch die Saya (鞘 Schwertscheide). Diese kann zum Beispiel als Schutz verwendet werden, oder auch als Versteck für Metsubushi (目潰し Blendpulver), um die Aufmerksamkeit des Gegenübers für einen Moment abzulenken. Außerdem kann auch noch die Länge des Schwertes variieren und ein kürzeres Ninjatō (忍者刀) verwendet werden.
Ein weiteres Element, das für ein Schwerttraining bei Someya-Sensei fast schon obligatorisch ist, sind Erklärungen zur Etikette. Beim Umgang mit dem Schwert gibt es in Budō-Dōjōs essentielle Verhaltensregeln, die die Sicherheit aller Trainierenden garantieren. Auch dies war Teil der Trainingseinheit.
Am Nachmittag folgte dann ein besonderes Trainingsereignis: es wurden Godan-Tests, Prüfungen zum 5. Dan (五段), durch Someya abgenommen. Insgesamt drei Teilnehmer des Seminars wurden von Someya-Sensei geprüft – alle drei haben bestanden. Darunter auch zwei Mitglieder unserer Münchner Dōjōs. Damit haben wir zwei neue Shidōshi (士道師) – gleichbedeutend mit „Lehrer“ im Bujinkan – in unseren Reihen. An dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an unsere neuen Shidōshi Stefanie Pham und Valentin Trenz zur bestandenen Prüfung!
In der darauffolgenden Trainingseinheit war dann Mutō Dori (無刀取り), die unbewaffnete Verteidigung gegen einen Gegner mit Schwert, das Thema. Die frisch graduierten Godan durften dann auch gleich eine Technik vorführen um die Einheit einzuleiten.

Am Abend folgte ein wichtiger Programmpunkt: ein Gala-Dinner mit Buffet, bei dem alle Seminarteilnehmer anwesend waren. Selbstverständlich auch Someya-Sensei, der die Anwesenden eingelud, für ein Gespräch an seinem Tisch vorbeizuschauen. Diese Einladung wurde von vielen wahrgenommen, die sich dann auch prompt von Someyas bescheidenem und bodenständigem Gemüt überzeugen konnten.
Am Sonntag, dem letzten Tag des Seminars, begann das Training erneut mit Grundlagen zum Schwert, dieses Mal ging es um Blocken und Ausweichen. Nachdem auch hier wieder ausreichend Zeit gegeben wurde, um zu üben, wie man sich gegen Schnitte aus verschiedenen Richtungen verteidigt, folgte – nach der Mittagspause – dann die letzte Trainingseinheit des Seminars. Den Abschluss bildete erneut eine Einheit zum Schwert, die auch wieder Etikette beinhaltete. So endete dann nach drei Trainingstagen das Seminar mit Daishihan Someya Ken’ichi.
Für manch einen war es das erste Seminar dieser Art – mehrtägig, unter der Leitung eines japanischen Großlehrers – oder das erste Training mit Someya-Sensei. Bei denjenigen, die schon länger dabei sind, dürften aber einige Erinnerungen geweckt worden sein. Denn 2017 fand nicht nur bereits ein Seminar mit Someya-Sensei in Reutlingen statt – es fand auch in derselben Halle statt. Bis zum nächsten Seminar mit Someya-Sensei muss es aber nicht wieder acht Jahre dauern. Wenn auch nicht in Reutlingen und derselben Halle: das nächste Someya-Seminar findet bereits nächstes Jahr in Finnland statt.